Traum, Wahrheit oder Fantasie?
  Die Volljährigkeit
 
Er war ein normaler Typ, ohne Frage. Eigentlich eher zu mickrig für sein Alter. Doch egal wie schmächtig er aussah, jeder der ihn kannte, wenn auch nur flüchtig, hatte Respekt vor ihm. Ihn selber störten die Blicke und die verschreckten Gesten nicht, er hatte sich damit abgefunden anders zu sein. Schon bei seiner Geburt waren sämtliche Kleinkinder in seiner Gegenwart ruhig und schrieen nie. Zu diesem Zeitpunkt schon erstaunte und faszinierte er die Leute. Die einzige Person, zu der er einen engen Kontakt pflegte und die ihn sogar wortlos verstand, war seine Schwester. Auch sie erschien den Menschen seltsam. In sich zurückgekehrt und wortkarg, war sie in der Schulzeit zur Außenseiterin geworden. Einzig der Respekt den die Leute ihrem Bruder zollten, ließ sie diese zeit überleben.
Wenn er ins Kino wollte, so saß er immer allein in der Reihe und alle drängten sich um die Plätze die möglichst weit von ihm weg waren. Fast immer waren vor und hinter ihm viele Sitze leer.
Man konnte nicht einmal genau sagen was so abschreckend oder bedrohlich an ihm war.
Seine Eltern hatten ihm schon mit 16 eine eigene kleine Wohnung gemietet. Jetzt stand er kurz vor seiner Volljährigkeit. Für ihn würde es nicht viel anders sein als jetzt schon. Denn nur für die Unterschrift eines Erziehungsberechtigten, hielt er noch Kontakt zu seinen Eltern.
Trotz der nahenden Freiheit, war ihm mulmig, fast ein bisschen schlecht zumute.
Im dunklen wanderte er durch den Park und erhoffte sich durch die frische Luft eine Erleichterung zu verschaffen. Doch nach einer knappen Stunde wurde ihm bewusst, dass sein Magen aufgrund einer anderen Tatsache rebellierte. Er hatte schlichtweg Hunger. Doch jede Imbissbude und jedes Restaurant sprachen ihn nicht an. Er hatte Heißhunger, doch er wusste nicht wonach.
Er blickte auf die Uhr, es war kurz vor 12. Also kurz vor seiner Volljährigkeit. Er neigte den Kopf, denn ein stechender Schmerz fuhr ihm durch den Körper. Zu dem Hungergefühl kamen nun auch noch Zahnschmerzen hinzu. Seit kurzem hatte er Probleme mit seinem Kiefer, sich immer wieder vorgenommen den Arzt aufzusuchen und es doch wieder verschoben. Jetzt bereute er dies zutiefst.
Er ging zurück in den Park, setzte sich auf eine Bank und hielt sich die Wange. Punkt 12 Uhr krümmte er sich vor Schmerzen zusammen und viel kurz darauf in Ohnmacht. Erst eine Stunde später erwachte er auf der Bank, die Schmerzen waren verschwunden. Gratulation zum tollen Start in die Selbständigkeit dachte er sich insgeheim.
Er stand auf um nach Hause zu gehen, aber er nahm einen anderen Weg als sonst. Sein Unterbewusstsein führte ihn zum Ende des Parks. Dort roch er etwas so verlockendes, dass ihm das Wasser im Mund zusammen lief. Sein Magen knurrte laut auf und endlich wusste er wonach ihm gelüstete. Er sah und roch endlich sein Abendessen für heute. Mit glänzenden Augen und tiefer Befriedigung trieb er seine langen Zähne in den Hals des jungen Mannes. Endlich begriff er, warum er schon immer anders und besonders war.

© by Chiara Muerte
 
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